1.800 Wildunfälle in einem Jahr: Im Kreis Nienburg rücken jetzt die Jäger mit aus & Wo es häufig kracht

Landkreis Nienburg. Ein Reh läuft über die Straße, es knallt: Im Kreis Nienburg gibt es gleich sechs Strecken, auf denen es besonders häufig Wildunfälle gibt. Im Kreis Nienburg kooperieren Polizei und Jägerschaft in solchen Fällen seit Kurzem. Was bedeutet das für mich als Autofahrer?

Seit dem 1. Oktober wird bei einem Wildunfall nicht nur die Polizei tätig: „Sofern erreichbar und zeitlich passend übernimmt künftig ein befugter Jäger oder ein Jagdausübungsberechtigter die Aufnahme des Wildunfalls direkt vor Ort“, erklärt der Sprecher der Polizei Nienburg, Sergej Gavrilov. Besonders wichtig für Autofahrer: Der Jäger stelle auch die Wildunfallbescheinigung für den Versicherungsnachweis aus. Und er kümmere sich auch um verletzte oder verendete Tiere.

Wen rufe ich an, wenn ich einen Wildunfall habe – immer die 110?

„Bei einem Wildunfall muss die Polizei informiert werden“, betont der Sprecher. Dies könne entweder über den Notruf 110 oder über die nächstgelegene Polizeidienststelle erfolgen. Von dort aus werde das weitere Vorgehen veranlasst. Die Meldung von Wildunfällen an die Polizei sei nicht neu, die Zusammenarbeit mit der Jägerschaft aber schon.

Könnte ich auch selbst einen Jäger anrufen, wenn ich einen kenne?

Nein. Der Meldeweg führt weiterhin ausschließlich über die Polizei. Die Leitstelle oder die zuständige Dienststelle prüfe, ob die Hinzuziehung eines Jägers oder eines Jagdausübungsberechtigten im Einzelfall möglich ist, und kontaktiere die zuständige Person. Gavrilov dazu: „Damit wird gewährleistet, dass ausschließlich örtlich befugte und im System hinterlegte Jäger und Jagdausübungsberechtigte hinzugezogen werden.“

Auf welchen Straßen im Kreis Nienburg ist es besonders gefährlich?

Schwerpunkte liegen nach Angabe der Polizei hier:

  • südlich von Liebenau auf der L350 und der L351,
  • auf der B214 zwischen Nienburg und Rodewald,
  • auf der B214 im Bereich „Weberkuhle“,
  • auf der K3 zwischen Krähe und Stöckse,
  • auf der B215 zwischen Nienburg und Hassel sowie
  • auf der B209 im Bereich Eystruper Bruch

Diese Strecken führen durch wald- und wildreiche Gebiete und gelten daher als besonders gefährdet für Wildwechsel.

Rückt die Polizei mit aus?

Ja, die Polizei wird auch künftig in bestimmten Fällen vor Ort tätig, sagt der Sprecher. Dies betreffe insbesondere die Nachtstunden zwischen 23 Uhr und 4.59 Uhr. Während dieser Zeit werde kein Jäger kontaktiert. „Darüber hinaus rückt die Polizei aus, wenn der zuständige Jäger nicht erreichbar ist, wenn Personen verletzt wurden, eine Gefährdungslage besteht oder aus polizeilichen Gründen eine eigene Unfallaufnahme erforderlich ist“, so Gavrilov.

Gibt es Gebiete ohne zuständigen Jäger?

Für den gesamten Landkreis Nienburg sind Zuständigkeiten über sogenannte Hegeringe festgelegt. Diese werden in einer digitalen Karte sowie einer regelmäßig aktualisierten Kontaktliste geführt. In der Regel gibt es somit für jeden Bereich einen zuständigen Jäger/Jagdausübungsberechtigten.

2024 gab es laut dem Polizeisprecher in den Landkreisen Nienburg und Schaumburg rund 1.800 Wildunfälle mit 18 Verletzten und hohen Sachschäden. Für 2025 teilt die Polizei noch keine Zahlen mit. „Nach derzeitiger Einschätzung bewegen sich die Zahlen der Wildunfälle jedoch etwa auf dem Niveau des Vorjahres“, so Sergej Gavrilov. Besonders Rehe, Rot- und Damwild seien die Hauptverursacher, gefolgt von Dachsen und Füchsen. Die Spitzenzeiten: morgens zwischen 5 und 7 Uhr sowie abends von 21 bis 23 Uhr.

Das Pilotprojekt ist eine gemeinsame Initiative der Jägerschaft des Landkreises Nienburg und der Polizeiinspektion Nienburg mit den Polizeikommissariaten Stolzenau und Hoya. Es soll nicht nur Abläufe vereinfachen, sondern auch den direkten Kontakt und den Austausch zwischen Polizei und Jägerschaft weiter ausbauen.

DH

Text: Die Harke
Bild: PixaBay