Das große Ziel konkreter machen

Fachwissen der Klimaschutzagentur Mittelweser immer stärker nachgefragt

Die Diskussionen, die durch die Weltklimakonferenz in Glasgow und die Aktivitäten von Fridays for Future ausgelöst wurden, wirken sich auch auf die Arbeit der Klimaschutzagentur vor Ort aus. Das wurde im Verlauf des Gesprächs deutlich, das DIE HARKE am Sonntag mit Franziska Materne, Geschäftsführerin der Klimaschutzagentur Mittelweser mit Sitz an der Marienstraße, führte.

Die Anfragen von Interessierten, die wissen möchten, wie unabhängiger werden können von Öl und Gas haben deutlich zugenommen. Das Fachwissen der Klimaschutz-Expertinnen und -Experten ist zum einen von Privatpersonen gefragt, die beispielsweise überlegen, auf die Wärmepumpen-Technologie umzusteigen oder Photovol-taik-Anlagen installieren zu lassen. Die Anrufe kommen aber auch von Firmen, die sich ökologischer ausrichten möchten.

Dem Verein Klimaschutzagentur Mittelweser gehören aktuell 77 Mitglieder an. Neben den neun Kommunen im Kreis und dem Landkreis selbst sind das zahlreiche Vereine, Verbände und Organisationen sowie Unternehmen mit den unterschiedlichsten Ausrichtungen. Zum Team gehören neben Franziska Materne, Spezialistin für Photovoltaik und Batteriespeicher, die Energieberater Harald Behling und Hauke Herdejürgen, Ulrike Gieger-Graßl als Ansprechpartnerin für Kommunen und Mobilität, sowie die Studentin Mascha Hegemann. 1. Vorsitzender des Vereins ist Landrat Detlev Kohlmeier.

Franziska Materne sieht den Auftrag der Klimaschutzagentur darin, „das große Ziel konkreter zu machen“. Also alles dafür zu tun, die Erderwärmung, wie bei der UN-Klimakonferenz in Paris im Jahr 2015 vereinbart, auf maximal 1,5 Grad zu begrenzen und zudem dazu beizutragen, dass Deutschland bis 2030 klimaneutral ist. „Wir müssen ins Handeln kommen“, betont die Klimaschützerin ausdrücklich. Die Wege, die sie und ihr Team und auch die zahlreichen Kooperationspartner dabei beschreiten, sind vielfältig.

Richtig gut angenommen werden zum Beispiel die kostenlosen Online-Vorträge, die die Klimaschutzagentur zusammen mit der Volkshochschule anbietet. „Da kommen schon mal 100 Zuhörerinnen und Zuhörer zusammen. Menschen, die nicht zwingend gerade zuhause sind, sondern sich beispielsweise auch von ihrer Dienstreise aus Berlin zuschalten können“, so Materne. Ein weiterer Vorteil dieser Online-Angebote: Die Menschen müssen nicht extra ins Auto steigen, um teilnehmen zu können.

Ein weiteres wichtiges Instrument ist die Fördermittelberatung. Ein Angebot, das auch das Team der Klimaschutzagentur dazu zwingt, sich ständig weiterzubilden. Denn Fördertöpfe gibt es reichlich. Und immer wieder neu. Sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene. Davon, dass durch die neu gebildete Regierungskoalition noch weitere dazukommen werden, ist Franziska Materne überzeugt.

Wichtig sei aber auch die Beratung vor Ort. „Die Bürgerinnen und Bürger möchten natürlich auch wissen, was bei ihnen technisch machbar ist“, so die Geschäftsführerin.

Sobald Corona es zulässt, ist das Team der Klimaschutzagentur auch wieder ganz konkret unterwegs. Beispielsweise in Kindergärten und Schulen. Und in den Kommunen vor Ort. Hausmeister werden zum Beispiel darin geschult, ihre Liegenschaften so energieeffizient wie möglich zu betreiben. „Ab 2023 sollen die Energieberichte für Liegenschaften verpflichtend werden. Die Kommunen, die in diesem Punkt mit uns zusammenarbeiten, sind dann in jedem Fall im Vorteil“, so Materne.

Es gibt aber auch konkrete Planungen für neue Projekte. Bei der „Land.Leben“ in Leese im Oktober 2022 beispielsweise will sich die Klimaschutzagentur mit der Mobilitätsmeile „100 Prozent elek-trisch“ beteiligen. Zum Einsatz kommen elektrische Lastenräder, Polizeiautos und Busse, gespannt sein darf man zudem auf Bobbycars für den Nachwuchs und Fahrzeuge für Senioren.

Eine weitere größere Aktion wird in Kürze unter der Überschrift „Zero Waste“ gestartet. Die Gastronomen aus der Stadt und dem Landkreis Nienburg sollen eingeladen werden, Pfandbecher- und -teller für den Außerhaus-Verkauf zu testen. „Da auch diese Vorgabe ab 2023 verpflichtend wird, haben die Unternehmen, die sich an unserer Kampagne beteiligen, einen deutlichen Zeitvorsprung, wenn es darum geht, sich für das richtige System zu entscheiden“, gibt Franziska Materne zu bedenken. Und betont erneut: „Wichtig ist, dass wir ins Handeln kommen. In Deutschland erst 2040 klimaneutral zu sein, ist vielleicht schon zu spät“

Aus DIE HARKE