„So eine Fusion braucht ihre Zeit“

Wilfried Imgarten zur neuen Samtgemeinde Weser-Aue: „Es läuft noch nicht alles reibungslos“

„So eine Fusion zwischen zwei Verwaltungen braucht ihre Zeit“, sagt Wilfried Imgarten (60). Er muss es wissen. Von 2012 bis 2020 war Imgarten stellvertretender Samtgemeindebürgermeister der Samtgemeinde Grafschaft Hoya, die 2011 mit der Samtgemeinde Eystrup fusionierte. Jetzt ist er Chef der neuen Samtgemeinde Weser-Aue mit 14677 Einwohnern, die aus den Samtgemeinden Liebenau und Marklohe hervorgeht. Seine Bilanz seit dem Start am 1. November: „Es läuft gut, aber noch nicht alles reibungslos.

Imgarten hat keine leichte Aufgabe. Zum einen muss er sich noch in seine neue Rolle als hauptamtlicher Verwaltungschef und Repräsentant der neuen Samtgemeinde einfinden. Zum anderen muss die neue Samtgemeinde noch zusammenwachsen. „Vieles, was ich in der Grafschaft Hoya erfahren habe, findet sich hier wieder“, sagt er. „Es geht um Dienstanweisungen wie Kernarbeitszeiten. Die Spielregeln müssen vereinheitlicht werden. Das ist aber nicht so dramatisch und nicht so wahnsinnig viel. Die Lenkungsgruppe hat die Fusion gut vorbereitet. Zum 1. November war alles weitgehend umgesetzt. Da habe ich geordnete Verhältnisse vorgefunden.“ 170 Mitarbeiter hat die neue Samtgemeinde, davon 50 in der Kernverwaltung.

Die Verwaltung der Samtgemeinde Weser-Aue sei nicht schlecht aufgestellt. „Die Bauverwaltung könnte verstärkt werden“, sagt Imgarten. „Die Rückstände sind groß. Bei Bebauungsplänen liegt noch einiges in der Schwebe.“ Freie Stellen in der Verwaltung zu besetzen, sei heutzutage nicht mehr so einfach, sagt Imgarten. Viele gingen in die freie Wirtschaft, weil sie dort besser verdienen. „Bei Stellenausschreibungen ist man manchmal froh, wenn schon eine brauchbare Bewerbung dabei ist. Früher waren es rund 40.“

Die neue Samtgemeinde soll eine leistungsstärkere Verwaltung sein und bekommt vom Land beim Finanzausgleich rund 350000 Euro mehr als bisher. Der Landkreis profitiert ebenfalls von der Fusion: Er bekommt 259000 Euro mehr aus dem Finanzausgleich.

Der Haushalt der neuen Samtgemeinde soll im März verabschiedet werden. Die neue Verwaltungseinheit wird wenig Geld auf dem Konto haben. „Die Liquidität ist bescheiden. Und wir haben unter anderem große Investitionen in Feuerwehrhäuser- und Fahrzeuge vor. „Das Feuerwehrwesen ist eine wichtige Aufgabe. Dank des ehrenamtlichen Engagements der Feuerwehrleute läuft es wie am Schnürchen. Mein Respekt“, betont Imgarten. „Im ersten Jahr werden die Mitgliedsgemeinden stark mit der Samtgemeindeumlage belastet“, sagt Imgarten. Die Samtgemeindeumlage ist die Haupteinnahmequelle der Samtgemeinde, mit der Investitionen und das Personal finanziert werden.

Ein erheblicher Kostenfaktor seien die Kindertagesstätten. „Die Kinderbetreuung fordert uns immer. Es ist schwer zu sagen, wie viele Kinder für die Krippenbetreuung angemeldet werden. 2022 ist kein Neubau geplant, aber die Bedarfe sind da. Liebenauer Kinder gehen schon jetzt nach Pennigsehl und Binnen in die Kindergärten. Ein weiteres Thema sind die Grundschulen. 2020 werden wir alle Schüler unterkriegen, aber in Lemke kneift es schon. Viele Balger Kinder gehen deshalb in Wietzen zur Schule. Im Frühjahr 2022 stellen wir einen Antrag ans Kultusministerium, die Außenstelle Pennigsehl der Grundschule Liebenau weiterzuführen. Sie ist bis Sommer 2022 genehmigt. Wir haben noch zwei Jahrgänge in Pennigsehl. Wichtig ist die gute Lehrerversorgung.“

Ein Thema, mit dem sich der neue Samtgemeinderat auch beschäftigen muss, ist die Jugendpflege. „Die Jugendlichen leiden sehr unter der Isolation wegen Corona. Sie brauchen soziale Kontakte. Psychische Probleme und Gewalt in der Familie sind auch Folgen der Pandemie.“

Die Frage ist, wie die neue Samtgemeinde Weser-Aue bei den Bürgern ankommt. „Die Samtgemeinde spielt weniger eine Rolle. Die Leute gucken auf ihren Ort“, weiß Imgarten. „Die Menschen müssen sich wohlfühlen. Wir müssen Dienstleistungen erbringen, auch online. Man muss von zu Hause aus Ausweise verlängern können. Diesem Anspruch müssen wir uns stellen.“

Nach der Stadt Nienburg (31404 Einwohner), der Samtgemeinde Grafschaft Hoya (16844 Einwohner) und der Samtgemeinde Mittelweser (15905 Einwohner) ist die neue Samtgemeinde Weser-Aue mit 14625 Einwohnern die viertgrößte Kommune der neun Gemeinden im Landkreis Nienburg. Größte Mitgliedsgemeinde der Samtgemeinde Weser-Aue ist Marklohe mit 4611 Einwohnern, gefolgt vom Flecken Liebenau mit 3897 Einwohnern. Die Einwohnerzahl der weiteren Gemeinden: Binnen 1006, Pennigsehl 1245, Balge 1724 und Wietzen 2142.

Aus DIE HARKE